Stinkquarz

Verein für Mineralogie und Geowissenschaften Pforzheim e.V.

Stinkquarz, der ‚Pforzheimer Edelstein‘  (Text und Sammlung: Günter Morlock, Fotos: Reinhold Roth)

In den sehr fruchtbaren Verwitterungsböden des mittleren Muschelkalks im Großraum um Pforzheim können - als mineralogische Besonderheit auf diesen Raum begrenzt - die Pforzheimer Edelsteine gefunden werden. Diese in aller Regel als Doppelender ausgebildeten Quarzkristalle werden auch noch Stinkquarze bzw. von den Landwirten und Weinbergbesitzern auch Hagelsteine genannt. Nahezu immer sind diese Quarze durch die Einlagerung von mehr oder weniger dunklen, organisch-bituminösen Substanzen fleckig oder zonig von hell- bis dunkelbraun gefärbt. Beim Zerschlagen oder Erhitzen eines solchen Quarzes entsteht ein schweflig-salpetrischer Geruch, der auch 'nach verbranntem Erdöl riechend' bezeichnet werden kann. Dies hat zur Bennung - außer als Pforzheimer Edelstein - zu dem Namen Stinkquarz (Englisch: Bitumen quartz) geführt. Der entstehende eigenartige Geruch ist daher ausschließlich auf die vorhandenen Bitumeneinschlüsse zurückzuführen.

  Abb. 1

Das helle Innere der Kristalle ( siehe Abbildung 1 ) besteht aus körnigem Quarz, der als Verkieselung des ehemaligen Kalksandes zu sehen ist. Darum entstanden weiter gesetzmäßig wachsende Kristalle. Die Größe der Kristalle reicht von wenigen Millimetern bis etwa 4 Zentimetern. Die Form entspricht einem sechsseitigen Prisma mit Endpyramiden, die aber in aller Regel stark verzerrt ist. Da die Funde nur in der Gegend um Pforzheim zu machen sind, muss davon ausgegangen werden, dass hier allein die notwendigen Bedingungen für die Bildung bestanden haben. Bei Fundstellen bei Keltern-Niebelsbach, Wurmberg und Öschelbronn im Enzkreis sowie in Autobahnnähe im Norden von Pforzheim wurden Funde immer wieder in bänderähnlichen Ansammlungen gemacht. Auch wurden bei Grabungen in diesen Bereichen einwandfrei ausgebildete Doppelender neben völlig zerbrochenen Stücken gefunden Eine oberflächliche Betrachtung könnte zu dem Ergebnis führen, dass es sich hier um sekundäre Lagerstätten handelt, also dass z.B. die Kristalle zusammen-geschwemmt wurden. Gegen einen Flusstransport spricht jedoch, dass vom Verfasser noch nie ein abgerolltes Stück gefunden wurden. Nach dem Sammeln von mehreren hunderten Kristallen kann daher mit Sicherheit ein Flusstransport ausgeschlossen werden. Dies wird auch dadurch noch erhärtet, dass zusammengehörende zerbrochene Kristalle nebeneinanderliegend des öfteren angetroffen wurden. Selbst kleinste Bruchstücke waren noch immer scharfkantig.

  Abb. 2

Der in Abbildung 2 gezeigte Kristall befindet sich noch im Original-Muttergestein des mittleren Muschelkalk. Dies würde für eine frühe Bildung des Kristalls sprechen.

Schon K-L. Heyligenstädt hat sich 1958 damit beschäftigt (Der Aufschluss 9(3) 49-57). Er geht dabei davon aus, dass eine Umlagerung und teilweise Zerstörung der Kristalle innerhalb der Gesteinsschichten angenommen werden kann. Nach seiner Meinung hat die Aufwölbung des Schwarzwaldes in der Tertiärzeit (diese begann am Ende der Kreidezeit vor 66 Millionen Jahren) und die erst im Diluvium (das geologische Zeitalter Pleistozän, dieses begann vor etwa 2,6 Millionen Jahren und endete vor etwa 12.000 Jahren mit dem Beginn des Holozäns, der Jetztzeit) abgeschlossene Einmuldung des Kraichgaus zu einem nordöstlich gerichteten Einsinken der Schichten und entstehen zahlreicher Verwerfungen geführt. Da auf der Höhe eine verstärkte Abtragung einsetzte, musste der Grundwasserspiegel allmählich absinken. Ob die in den Gesteinen kursierenden kohlesäurehaltigen Gewässer dadurch besonders günstige Bedingungen fanden, Kieselsäure zu lösen und wieder auszuscheiden, und so die Bildung der Kristalle bewirkten, oder ob diese schon in einer früheren Epoche entstanden sind, kann nicht beantwortet werden.

  Abb. 3 

Der in Abbildung 3 dargestellte Kristall befindet sich in einer typisch brecciösen Schicht des mittleren Muschelkalks und könnte insoweit umgelagert bzw. zu einer späteren Epoche entstanden sein. Als die wirklich schönsten mineralischen Zeugnisse des mittleren Muschelkalks in der Erdgeschichte können sicherlich die anschließend abgebildeten Pforzheimer Edelsteine ( Stinkquarze ) angesehen werden.

                   

 Sammlung Ben van den Berg (auch die folgenden Bilder)

Fundstelle bei Öschelbronn 2018, Ben bei der Arbeit 

(Bilder und Funde von dort: Thomas)